Tag: 15. November 2021

Ian Nepomniachtchis Weg zur WM – Kandidatenturnier Runden 2-4

Foto: Lennart Ootes

In diesem Beitrag führen wir die Vorstellung Ian Nepomniachtchis als Sieger des Kandidatenturniers 2020/2021 mit den Runden zwei bis vier fort.

Ian konnte mit einem Sieg gegen Anish Giri in das Turnier starten (siehe unser vorheriger Blogbeitrag).
In den kommenden drei Partien kam es jeweils zu einem Unentschieden und wir möchten in diesem Blogbeitrag kurz auf die Highlights dieser Partien eingehen.
Nähere Details dazu erfahrt ihr auch in unserem Videobeitrag auf unserem YouTube-Kanal.


Runde 2: Ian Nepomniachtchi – Alexander Grischuk


Foto: Lennart Ootes

Ian eröffnete seine erste Partie mit den weißen Figuren mit 1. e4 und Grischuk spielte die sehr solide Berliner Verteidigung weiter über 1. … e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 Sf6. Das ist eine bei den Meistern sehr beliebte Eröffnung, um mit Schwarz schnell auszugleichen. Bereits nach acht Zügen sind die Damen vom Brett, und Schwarz behält das Läuferpaar. Dafür hat Weiß einen starken Bauern auf e5 und kommt mit den Türmen schneller ins Spiel.


Stellung nach dem 15. Zug von Weiß

Ohne große Aufregung spielte Ian die Stellung bis zum 40. Zug weiter, und hatte zum Ende noch eine Stunde auf der Uhr. Gleichzeitig nutzte Alexander Grischuk seine Zeit bis dahin gut aus – wie man es vom ihm gewöhnt ist – stets mit wenig Zeit am Ende der Partie.

Im Endspiel mit Läufern auf unterschiedlichen Feldfarben einigten sich beide Spieler auf Remis.


Stellung nach dem 40. Zug von Schwarz – Ende der Partie 2
Runde 3: Kirill Alekseenko – Ian Nepomniachtchi

Die dritte Runde spielt “Nepo” mit Schwarz gegen den jungen russischen Großmeister Kirill, Jahrgang 1997.

Ian antwortete auf 1.e4 mit e6 und wählte somit die französische Verteidigung. Dabei entschied er sich für die derzeitige Hauptvariante, die sog. „Winawer Variation“ oder „Vorstoß-Variante“ genannt, in der Weiß lange mehr Raum behält.


Stellung nach dem 5. Zug von Weiß, wonach Ian auf c3 schlägt und Weiß einen Doppelbauern auf c2 und c3 verpasst

Durch die Schwächung der weißen Bauernstruktur bekommt Schwarz einige Angriffsziele auf dem Damenflügel.
Im 16. Zug öffnet Kirill die Stellung mit Bauer schlägt c5. Jetzt sind die weißen Bauern auf c2 und c3 noch ungeschützter. Der stärkere Zug wäre Bauer von c3 nach c4 gewesen.


Stellung nach dem 16. Zug von Weiß: dxc5

Der Computer empfiehlt für Schwarz mit dem Bauer zu schlagen und somit die b-Linie zu öffnen. Ian entschied stattdessen, mit der Dame zu nehmen, was nach Turm b4 den Läufer in Bedrängnis bringt und Weiß einen stellungsmäßigen Ausgleich verschafft.

Spannend wurde es im Zug Nummer zwanzig. Ian hat im letzten Zug den Springer nach c6 gezogen und greift den starken Turm auf b4 an. Zöge der Turm wie empfohlen nach f4, wird die Dame den Bauern auf a3 schlagen. Kirill entscheidet sich also die weiße Dame nach e2 zu stellen und den Turm zu opfern.


Stellung nach dem 20. Zug von Weiß: De2

Dafür ist der schwarze Läufer nun auf a4 eingeschlossen, und die Stellung blieb ausgeglichen.

Im 22. Zug wurde Ian dann etwas ungenau. Er stellt seinen Springer von d7 nach b8 – direkt auf b6 zu gehen mit dem Blick auf c4 wäre ein besserer Außenposten gewesen.

Nach einigen Abtauschen erreichten die beiden Spieler die folgende Stellung:


Stellung nach dem 33. Zug von Schwarz: Dxa5

Nach dem logisch folgenden 34. Dxf7 schneidet die weiße Dame den schwarzen König von seinen Verteidigern ab. Ian entschied sich nach 34. … Da2 für das Remis  – seine Figuren sind recht unkoordiniert auf beiden Seiten des Brettes, und nach 35. Dxe6 Dxc2 kann der schwarze König den Schachs nicht mehr ausweichen.

 

Runde 4: Fabiano Caruana – Ian Nepomniachtchi

 


Foto: Lennart Ootes

Diese Runde mit den schwarzen Figuren gegen Fabiano Caruana, den Herausforderer der letzten Weltmeisterschaft im Jahr 2018, war natürlich eine Herausforderung für Ian. Nachdem Fabiano mit dem Damenbauern 1. d4 eröffnete, entschied sich Nepo für die „Grünfeld Verteidigung“– eine derzeit sehr beliebte Verteidigung unter vielen Spitzen-Großmeistern. Die klassische Grundstellung entsteht nach 1. d2–d4 Sg8–f6 2. c2–c4 g7–g6 3. Sb1–c3 d7–d5.

Schwarz gibt zu Beginn das gesamte Zentrum an Weiß, und setzt darauf, dass die schnelle Rochade und eine solide Bauernstruktur im späteren Spiel Weiß vor Probleme stellt.

1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. cxd5 Sxd5 5. e4 Sxc3 6. bxc3 Lg7


Stellung nach dem 6. Zug von Schwarz: … Lg7

Mit den Entwicklungszügen 7. Lc4 c5 8. Se2 0-0 9. 0-0 Sc6 10. Le3 b6 11. Dd2 Lb7 12. Tfd1 cxd4 13.cxd4 Tc8 14. Tac1 Sa5 15. Ld3 Dd7 folgten die Spieler stets bekannten Pfaden.

Erst nach 16 Zügen zeigte Caruana mit Bauer nach h4 eine aggressive Neuerung, um seinen Angriff auf Ians König und dessen Bauernschutz zu starten.


Stellung nach dem 16. Zug von Weiß: h4

Nepomniachtchi versuchte nun selbst aktives Spiel zu generieren. Und zwar dort wo er nicht seinen König schwächt! Mit 16. h4 Txc1 17. Txc1 begannen die Spieler den Abtausch der Türme auf der offenen Linie.

Weiter ging es mit den nächsten Türmen:  Tc8 18. h5 Txc1 19. Dxc1 Dc8 20. h6 Lf8


Stellung nach dem  20. Zug von Schwarz: Lf8

… und Caruana geht mit einer vorteilhaften Stellung mit Bauer auf h6 und passiven schwarzen Figuren in das Endspiel. Aber vorerst ist der Angriff auf den schwarzen König abgewehrt!

Nach weiteren sauberen Zügen 21. d5 e6 22. Sc3 Sc4 23. Lxc4 Dxc4 24. Dd2 exd5 25.Sxd5 Lxd5 26. exd5 Db4 27. Dd3 Da3 28. Dc2 Da5 29. Dd1 Ld6 30. g3! Kf8! ließ Fabiano mit 31. Df3? den Druck etwas abreißen.


Stellung nach dem  31. Zug von Weiß: Df3

Stärker wäre für ihn gewesen mit seiner Dame nach d4 zu ziehen und die Mitte des Brettes zu besetzen.So ging es noch ein paar solide Züge weiter, und die weiße Dame wird nicht mehr aktiv: 31. Df3 De1+ 32. Kg2 f5 33. g4 Db1 34. Ld4 Kf7 35. De3 De4+ 36. Dxe4 fxe4 ist die Stellung mit den beiden Läufern und der leicht zu verteidigenden Bauernstruktur sehr ausgeglichen.


Stellung nach dem 36. Zug von Schwarz: fxe4

Sie spielten noch eine ganze Weile um den vollen Punkt, aber die Position ist zu solide.
Nach 55 Zügen einigten sich die beiden Spieler auf ein Remis.
Somit führte Ian Nepomniachtchi mit 2,5 Punkten nach vier Runden das Turnier weiter an.

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